Breitensport Berichte
"Neuwasser" Kroatien
von Ilse Wagner
Gemeinschaftswanderfahrt: Waldshuter Wassersportverein (WVW), RG See-mal-Rhein Radolfzell, Überlinger Ruderclub Bodan (ÜRC) vom 22. April bis 1. Mai 2011
Als unser Fahrtenleiter Wolfgang Bukatiuk (WVW) seinen lang gehegten Wunsch äußerte, endlich in Kroatien zu rudern, waren alle Teilnehmer sofort begeistert.
Am Karfreitag war es dann soweit: Das Ruderabenteuer Kroatien konnte beginnen. Ein Kleinbus mit Hänger, 3 gesteuerten Vierern und 8 Ruderbegeisterten von Radolfzell, Hochrhein und der Schweiz sowie ein weiterer Bus mit 7 Überlinger Ruderfreunden und einem extra Land- und Fahrdienst machten sich auf den Weg nach Kroatien.
Für die zweitägige Hinfahrt in die Region Šibenik planten die Überlinger einen Abstecher zu den Höhlen von Postojna in Slowenien ein. Nach einer staufreien Fahrt besichtigten wir bereits am frühen Nachmittag diese berühmte Grotte, die Königin aller Höhlen. Aus dem Karstgestein haben sich bizarre Gebilde, fantastische Faltenwürfe und Skulpturen herausgebildet. Mit 20 km langen Gängen, Galerien und Sälen ist Postonja die meistbesuchteste Höhle Europas und bietet einen spektakulären Einblick in die Unterwelt der Alpenausläufer.
Im nahe gelegenen Kozina trafen wir die Hochrhein-Gruppe rechtzeitig zum Abendessen. Am nächsten Tag fuhren wir gemeinsam auf der gut ausgebauten, aber kurvigen Küstenstraße nach Zadar.
Diese malerische Stadt auf einer Halbinsel ist reich an Kunstschätzen und hat eine turbulente Vergangenheit: Rom, Venedig und später Österreich eroberten die Hafenstadt an der Adria, und alle hinterließen ihre Spuren. Bis Ende des 2. Weltkriegs war sie unter italienischer Verwaltung. Seit 1991 ist Zadar Teil der unabhängigen Republik Kroatien. Heute belagern europäische Touristen die Altstadt in friedlicher Mission.
Der letzte Streckenabschnitt zu unserem Standquartier Zaton war bald erreicht. Der Ort liegt am Ende eines Ausläufers des Krka-Flusses und ist eine alte dalmatinische Siedlung. Die Hochrhein-Gruppe war in Appartments am Hafen untergebracht, die Überlinger logierten in einer Ferienvilla mit Minipool und Garten.
Ostersonntag: Zaton – Šibenik – Srima, 37 km
Zaton spiegelte sich im Wasser der Krka als wir am ehemaligen Ruderclub unser C-Boot und die beiden D-Boote startklar machten. Zunächst umrundeten wir die kleine Bucht und winkten den Kirchgängern auf dem Weg zur Ostermesse zu. Nach wenigen Kilometern passierten wir die Mündung der Krka und fuhren unter der Autobahnbrücke hindurch weiter nach Šibenik, einer Hafenstadt, deren Silhouette von zwei mächtigen Festungen geprägt ist. Der Stadtkern sowie die Kathedrale St. Jakob gehören zum UNESCO-Kulturerbe. Für Sightseeing blieb leider keine Zeit, es reichte nur für eine kurze Rast am Rudersteg. Danach ging es durch die Meerenge St. Anton, entlang schroffer Felsformationen und vorbei an der St. Nikolaus Festung zum Šibenik Kanal. Hier empfing uns die Adria mit smaragdgrünem, glasklaren Wasser und blitzblauem Himmel. Endlich Meer! Unser Blick fiel allerdings schnell auf Seeigelkolonien im Flachwasser. An einem Strandbad mit dem verblichenen Charme der Siebziger legten wir an. Bei glattem Wasser ruderten wir zunächst bis Srima, unweit von Vodice. Als Wind aufkam, nahmen wir denselben Weg zurück nach Zaton.
Ostermontag im Krka-Nationalpark
Die Krka-Wasserfälle mit dem berühmten 'Skradinsky Buk' (46 m) sind ein Muss für Kroatienbesucher und einen ruderfreien Tag wert. Allerdings nutzten auch viele Ein-heimische den Feiertag zu einem Besuch im Park. Die dortige Karstschönheit und die Naturphänomene locken Besucher aus aller Welt an. Wegen verschiedener Biotope ver-fügt der Naturpark über eine besonders reiche Flora und Fauna. Mindestens 860 Pflanzenarten wurden festgestellt. Im Seebereich leben zahlreiche seltene Fischarten, in den Sümpfen Amphibien, und auf den Felsen sonnen sich Reptilien. Für die Vogelwanderung im Frühjahr und Herbst ist diese Region von großer Bedeutung. Die Fahrt entlang des Krka-Flusses mit Blick auf die Klosterinsel Visovac und die Wanderung zum 'Roški slap', einer weiteren Gruppe von Wasserfällen, hat sich ebenfalls gelohnt.
Fluss-Genuss: Zaton – Skradin, 40 km
Die Wolken waren bereits gut gefüllt, als wir in die Mündung der Krka einbogen und flussaufwärts durch einen Canyon den Prukljan-See, eine riesige Flussausbuchtung, erreichten, wo der Geruch von Akazien vom Ufer herüberwehte. Wir umruderten den tintenblauen See, passierten eine Fischzuchtanlage und eine Mini-Insel, bevor es wieder auf dem normalen Flusslauf nach Skradin, einer aufblühenden Kleinstadt mit römischen Wurzeln, weiterging. Skradin ist das Haupttor zum Nationalpark Krka. Von dort aus fahren die offiziellen Ausflugsschiffe bis zu den Wasserfällen. Für Privatboote ist dieser Wasserweg gesperrt. Daher legten wir vor der Stadt an und machten es uns an der Marina mit einem Cappuccino gemütlich, bis uns ein Regenschauer überraschte. Früher als geplant brachen wir auf und ruderten bei Nieselregen und kühlen Temperaturen den direkten Weg zurück.
Endlich Meer: Zaton - Šibenik - Insel Zlarin, 51 km
Wieder zog es uns hinaus aufs Meer. Nach der Anfahrt durch die Meerenge St. Anton nahmen wir Kurs auf Zlarin, eine Insel mit reicher Seefahrertraditon, die heute wegen ihrer Korallenzucht bekannt ist. Bereits in der Renaissance war die Insel ein beliebter Aufenthaltsort der Humanisten aus Šibenik, die sich in ihren Sommerresidenzen der Dichtkunst hingaben. Heute sind es Gäste von weit her, die auf der Promenade bummeln, während ihre Yachten im geschützten Hafen liegen. Nach einer Rast mit Blick aufs offene Meer umrundeten wir auf dem Rückweg die Insel Privić, bevor wir wieder den schon gewohnten Weg zurück nach Zaton nahmen.
Mehr Meer! Zaton - Adria - Drage, 56 km
Am Vorabend kursierte die Idee, das Ruderrevier auszuweiten und eine Zweitages-tour entlang der Küste nach Zadar zu wagen. Wind- und Wetterprognosen von Internet und Einheimischen waren sehr günstig. Alle waren begeistert, und das Abenteuer Meer begann. Bevor wir die Adria erreichten, ruderten wir wie die Tage vorher ca. 15 km von Zaton bis zum Šibenik Kanal. Noch war das Wasser ruhig, und wir kamen gut voran zwischen der Küste und der vorgelagerten Inselgruppe der Kornaten, ebenfalls ein Nationalpark. Um die Mittagszeit erwachte wie jeden Tag der Wind, leider Gegenwind, der uns das Rudern etwas erschwerte! Auf Höhe der langgezogenen Insel Murter war es geschützter. Nach einer Pause auf Murter ging es unter der Brücke hindurch, die die Insel mit dem Festland verbindet. Wir zogen an kargen Inselgruppen vorbei und nahmen Kurs auf eine Ferienanlage in der Bucht von Drage, wo die Boote auf dem noch unbelebten, paradiesischen Strand bewacht und bezahlt bis zum nächsten Tag blieben. Peter, unser Fahrer und Hüter des Hauses und einziger Nichtruderer, brachte uns wieder zurück nach Zaton.
Der Weg ist weit... Drage - Zadar, 48 km
Am letzten Rudertag trafen wir uns wieder in Drage. Bis in Zadar für den Bootshänger einen Platz gefunden war und das Zugfahrzeug wieder am Campingplatz ankam, alle Boote auf dem Wasser waren, zeigte die Uhr bereits halb elf. Wir passierten Insel um Insel. Manche sahen aus wie kleine Pyramiden, andere wie Halbkugeln, aber überall thronten knorrige Kiefern.
Der Weg zu unserem Ziel Zadar war weiter als gedacht, als der Mittagswind auftauchte. Nahe des Küstenortes Sukosan legten wir an und überlegten, ob wir bei mehr Wind und dementsprechenden Wellen überhaupt weiterrudern könnten. Letztlich blieb das schmale Überlinger Boot an Land, und nur die beiden breiten Boote kamen zum Einsatz. Ein Teil der Mannschaft fuhr mit dem Bus weiter, der andere tanzte auf glitzernden Wellen nach Zadar. Die restlichen 20 km zogen sich durch den Gegenwind doch lange hin und die Halbinsel von Zadar schien kein Ende zu nehmen. Als wir endlich an der Altstadt vorbeizogen und vor der berühmten "Meeresorgel" hielten, boten wir zumindest ein stimmungsvolles Fotomotiv für Touristen. Inzwischen war es kurz vor Sonnenuntergang und das Licht besonders schön. Auf den letzten Kilometern bis zum Anlegeplatz in einer Bucht war das Wasser wieder ruhig, und beide Boote glitten bei sinkender Sonne zum Ziel. Bei der Bootsverladung wurde es bereits dunkel.
Weit war der Weg, der Weg war schön...
Das Abenteuer Meer war zu Ende. Die Eindrücke beim Rudern, insbesonders auf der Adria, waren außergewöhnlich und nur möglich, weil wir Glück mit dem Wetter hat-ten. Bei mehr Wind wäre Rudern auf dem Meer nicht möglich gewesen und wir hätten andere, sicher auch lohnende Schwerpunkte gesetzt. Der Zauber der verschiedenen Rudergewässer, die mediterrane Stimmung, die unberührte Landschaft mit sattgrünen Kiefernwäldern und die einzigartige Inselwelt waren ein Erlebnis für sich. Auch die gemeinsamen Abende bei kroatischen Spezialitäten, das Grillfest, zu dem alle etwas beisteuerten, werden noch eine Weile in uns nachklingen. Es war eine unvergleichlich schöne und gelungene Wanderfahrt – ermöglicht durch die freundschaftliche Kooperation der drei Vereine und das harmonisch Miteinander aller Beteiligten.
Weltnaturerbe Plitvicer Seen
Wie geplant fuhren die Überlinger noch auf einen Abstecher zum Nationalpark Plitvice, wo in den Sechzigern ein Teil der Winnetou-Filme gedreht wurde.
Die Fahrt ins kroatische Hinterland bis auf 800 m Höhe war extrem kurvig, und vor uns türmten sich kahle Bergmassive auf. Die Region Plitvice liegt nahe der bosnischen Grenze. Die Kriegs-schäden der 90er Jahre sind noch heute gut sichtbar. Plitvice ist ein einzigartiges Naturphänomen in einem Karstgebiet. Durch die Traver-tinbarrieren sind Wasserläufe und Kaskaden entstanden, die sich ständig verändern. Sie versorgen die türkisfarbenen Seen auf einem Gefälle von über 100 m mit Wasser. Der Reichtum der Flora zählt über tausend bekannte Pflanzenarten und rund fünfzig Orchideensorten. Der weitläufige Park mit Buchen- und Nadelwäldern ist zu jeder Jahreszeit sehenswert und lädt zu ausgedehnten Wanderungen ein.
Die Heimreise am nächsten Tag – Ferienende! – war mit gut 1 000 km ziemlich lang. Die Teilnehmer und die Fahrzeuge samt Booten kamen alle wohlbehalten und noch bei Tageslicht zu Hause an.