Breitensport Berichte

Traumhafte Allertour

von Ilse Wagner

1986 - 2016: 30 Jahre Ruderfreundschaft zwischen Überlingen und Hildesheim

Die erste Gemeinschaftsfahrt, angeregt von Manfred Braun, der in den 80er Jahren in Hildesheim rudern lernte, fand 1986 am Bodensee statt. Nach wechselweise organisierten Wanderfahrten auf süddeutschen und Schweizer Gewässern sowie mittel- und norddeutschen Flüssen, waren diesmal wieder die Hildesheimer mit der Organisation an der Reihe. Das romantische Aller-Leine-Tal war eine sehr gute Wahl von Wanderruderwart Wolf-Henning Voß für die diesjährige gemeinsame Tour von Mittwoch, 4. bis Sonntag, 8. Mai.

Diesmal waren es nur fünf Teilnehmer aus Überlingen und zwei aus Arbon, die zuerst nach Hildesheim fuhren. Nach einer staufreien Anreise blieb uns noch Zeit, den berühmten, neu renovierten Hildesheimer Dom (Weltkulturerbe) zu besuchen, bevor wir im Clubhaus des HRC die Gästeunterkunft in Beschlag nahmen.

Nach dem Abriggern und Verladen von zwei gest. Vierern und einem Zweier verwöhnten uns unsere Ruderfreunde mit gegrillten Steaks und Würsten, dazu mit feinen Salaten sowie lokalem Bier. Genussvoll konnten wir bis zum Sonnenuntergang auf der Terrasse essen, trinken und plaudern und so einige der acht Hildesheimer Mitruderer kennenlernen.

Winsen – Hodenhagen, 38 km

Nach einem ausgiebigen Frühstück fuhren wir zunächst ca. 70 km ins Aller-Leine-Tal nach Winsen nördlich von Celle, wo die Heidelandschaft beginnt. Auf dem Campingplatz Allerwiese machten wir die Boote startklar. Vor uns schlängelte sich die spiegelglatte Unteraller im Sonnenlicht durch sattgrüne Wiesen.

Dieser 260 km lange, sonst ungezähmte, Fluss ist auf 112 km schiffbar, und auf einer Strecke von ca. 20 km durch drei Schleusen reguliert. Allerdings sind seit den 60er Jahren keine Lastkähne mehr unterwegs. Nach der dritten Schleuse bei Hademstorf mündet die Leine in die Aller, und wir ruderten zwischendurch ein kurzes Stück auf der Leine und dann wieder auf der Aller.

Die Sonne wärmte uns zusehend mehr. Der wolkenlose, hellblaue Himmel bot einen guten Kontrast zum satten Grün der Wiesen und den weißen Windrädern im Hintergrund. Auf den Flussauen grasten Kühe, am sandigen Ufer tummelten sich Schwäne und Kanadagänse, und über uns kreisten Störche. Nur vereinzelt begegneten uns Paddler, und auf dem Aller-Radweg sahen wir einige Ausflügler. Außer Vogelgezwitscher und dem Eintauchen der Skulls ins Wasser nichts zu hören.
In Hodenhagen legten wir an einem schlammigen Ufer an, da leider erst am nächsten Tag der anvisierte Sommer-Schwimmsteg für die Wassersportler aufgestellt werden sollte. Die Boote blieben auf der Wiese liegen, und wir fuhren mit dem Landdienst zum "Allerhof" nach Bosse. Dieses sehr schön gelegene Landhotel, ein alter Klinkerbau mit riesigem Garten liegt direkt an der Aller. Am ersten Abend wurden wir von Spargelspezialitäten, Erdbeerdesserts und gutem Service verwöhnt.

Hodenhagen – Bosse, 18 km

Nach dem leckeren Frühstück brachte uns der Landdienst zu den Booten zurück nach Hodenhagen. Für die kurze Ruderstrecke nach Bosse stach die Sonne bereits am frühen Morgen vom klaren Himmel. Unterwegs begegneten uns nicht einmal Paddler.

Nur am Ufer sahen wir vereinzelt Angler, die wir mit Ahoi-Rufen etwas aus der Ruhe brachten. Die Aller schlängelt sich hier durch reine Natur, vorbei an saftigen Weiden mit Kühen und Schafen und einige Pferde. Kleine Buhnen mit aufgehäuften Steinen in den Kurven zum Schutz des sandigen Ufers zeugen vom Eingriff der Menschen in das Urstromtal.

Außer landwirtschaftlichen Anwesen mit Storchennestern auf den Dächern und vereinzelt alten Windmühlen erschien uns dieser Streckenabschnitt spärlich besiedelt. Nur die Motorengeräusche von der Autobahnbrücke, unter der wir durchruderten, erinnerten uns an Autoverkehr. Vor unserem Landhotel konnten wir bequem an einem Steg anlanden und die Boote auf der Wiese lagern. Nebenan grasten bullige Welsh-Black Rinder, die sich so manche Teilnehmer zum Abendessen auf den Teller wünschten.
Damit die Kultur nicht zu kurz kam, fuhren die Bodenseetruppe und ein Hildesheimer nach einer kleinen Mittagspause ca. 50 km nach Celle.

Die einstige Residenzstadt mit zahlreichen pittoresken Fachwerkhäusern und einem prächtigen Schloss mit gepflegten Parkanlagen lohnt allein einen Besuch. Celle gilt als südliches Tor zur Lüneburger Heide und wird von der Aller eingerahmt.
Zurück in Bosse verbrachten wir den Abend bei guten Gesprächen und Spezialitäten aus der Allerhof-Küche.

Bosse – Verden, 37 km

Am letzten Rudertag konnten wir gleich nach dem Frühstück vor der Haustür bequem ins Boot steigen. Nach wie vor verwöhnte uns die Sonne am wolkenlosen Himmel, nur der Wind hatte zugenommen sowie die Fließgeschwindigkeit der Aller. Die Flusslandschaft war jetzt mehr von Büschen und Bäumen geprägt. Mehr und mehr Buhnen zeugen davon, dass die Aller hin und wieder über die Ufer steigt, fruchtbares Ackerland wegspült und Siedlungen unter Wasser setzt. Nach Rethem ist die Aller zum Schutz der Ortschaften eingedeicht. Je mehr wir uns der bekannten Pferdestadt Verden näherten, um so mehr Rassepferde waren auf den Koppeln..

Im Hafen von Westen, einem Ortsteil von Dörverden, legten wir nach ca. 23 km an einem Steg an. Eine Allerfähre verbindet hier beide Ufer. Hinterm Deich, auf dem der Aller-Radweg entlang führt, liegt geschützt die Kirche St. Annen aus dem 15. Jh. mit einem Rundturm, einst Wehrturm einer früheren Burganlage. Von den Bänken auf dem Deich konnten wir unseren Blick ins weite Allertal schweifen lassen und genüsslich unsere Brötchen verzehren.

Auf dem letzten Streckenabschnitt nach Verden ist die Aller breiter, weniger kurvig, und fließt schneller. Bis zum Ruderverein Verden passierten wir einige Siedlungen mit Villen und Brücken. Mit dem Abriggern und Verladen der Boote endete die beschauliche Allertour.

Nach dem Einchecken im Niedersachsen-Hof blieb bis zum Abendessen genügend Zeit, die Altstadt von Verden – einst Bischofssitz – zu erkunden. Besonders beeindruckend ist der dreischiffige Dom in Backsteingotik mit mehrgeschossigem Dachwerk und einem sehr schlichten Innenraum. Dagegen wirkt der romanische Turm geradezu unscheinbar. Nach einem Rundgang durch die Gassen und einem letzten Blick auf die Aller, die nach Verden in die Weser fließt, ging es wieder in den Niedersachsen-Hof zum Abendessen.

Ende des Aller-Traums

Nach dem Frühstück am Sonntagmorgen fuhren die Hildesheimer Ruderfreunde mit den Booten im Schlepptau wieder nach Hildesheim. Die Bodenseegruppe hatte 760 km vor sich, aber unser Pilot Rolf "flog" uns sicher wieder an den Bodensee zurück.
Danke an alle für die harmonische Wanderfahrt bei Superwetter auf der idyllischen Aller.

Hoffentlich folgen noch viele gemeinsame Ruderfahrten. Flüsse und Seen gibt es viele zwischen Süd und Nord. Ohne die Ruderfreundschaft zwischen Hildesheim und Überlingen wären wir "Seehasen" kaum in den Genuss gekommen, auf Aller oder Weser zu rudern.